Weißnäherei im Frankenwald

Als Mitte des 19. Jahrhunderts große Not im Frankenwald herrschte, beschloss ein eigens einberufenes Komitee der bayerischen Regierung, als Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung die Handstickerei – auch Weißnäherei genannt – nach Vorbild des sächsischen Vogtlands einzuführen. Vor allem Mädchen und Frauen ergriffen die Chance, mit dieser allerdings schlecht bezahlten Heimarbeit das karge Familieneinkommen etwas zu ergänzen. Aus dem „Plauisch Nähen“ (die ersten Aufträge wurden von Firmen in Plauen vergeben) entwickelte sich die Handstickerei „Frankenwälder Art“ mit Hohlsaum, Wickel, Rennel, Plattstich, Nadelmalerei, Festonnieren und Monogrammstickerei. Hergestellt wurden hauptsächlich Bett-, Tafel- und Leibwäsche, auch Brautaustattungen. Der Nailaer Fabrikant Oscar Frohmuth ließ sogar zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Tafeldecke mit 60 Speise- und 40 Kaffeeservietten für den spanischen Königshof zum Preis von 28 000 Reichsmark von Nailaer Weißnäherinnen anfertigen. Durch den 1. Weltkrieg, Inflation und Weltwirtschaftskrise gehen viele Stickereibetriebe (Faktoreien) zugrunde. Nach einem kurzen Aufschwung um 1935 erfolgt 1945 der totale Zusammenbruch des Gewerbes.

Sehr beeindruckend sind die Ausstellungsstücke der Weißnäherei.

Weißnäherin
Weißnäherei-Produkte
Tischdecke

„Geschickte Hände“
Wie eine Handstickerei „Frankenwälder Art“ entsteht

Die Geschichte des
Oscar Frohmuth

Weißnäherei – Tischdecken aus unserem Bestand

 

Lippertsgrüner Stickerinnen

Bildtext zu Lippertsgrüner Stickerinnen – Beitrag Hans Hill 2007. Die Angaben stützen sich auf die Aussagen von 4 Personen zwischen 80 und 89 Jahren und zwei jüngeren:

Anna Wirth und Berta Franz sind Schwestern, die in dem Haus mit der alten Hausnummer 64 – heute Legeranden 2 – wohnten. Es müsste das Haus sein, vor dem sie sticken.
Die Antwort auf diese Frage kam spontan.

Die drei nebeneinander sitzenden Frauen sind “Beichtkameraden” ( gleicher Konfirmandenjahrgang) – Geburtsjahr 1893. Anna Wirth ist etwas älter (sie sieht verhältnismäßig jung aus). Frieda Jahn ist etwas jünger und sieht auch “jung” aus. Das Bild könnte deshalb vor dem 1. Weltkrieg entstanden sein.
Es ist nicht ihre Alltagskleidung. Sie könnten den “Sonntagsstaat” zur Feier des Tages angelegt haben, weil wieder eine Decke fertig wurde, die damals in alle Welt gingen. Oder aber auch nur deshalb, weil sie ein Fotograf bei ihrer Arbeit ablichten wollte, was ja damals durchaus nicht selbstverständlich war.

Anmerkung zum Bild – Wolfgang Brügel 2022
Die Frauen arbeiteten in der Textilmanufaktur Oskar Frohmuth in der Kronacher Straße in Naila. Sie waren an der Herstellung des Nailaer Tafeltuchs “Die Schlösserdecke” beteiligt. Sieben Monate dauerte die Stickarbeit. Für derart große und umfangreiche Arbeiten waren Nährahmen, wie auf dem Bild zu sehen, mit bis zu zwei Meter Breite. Sechs Frauen hatten daran, gegenübersitzend, Platz.

 

Museumsansichten

Weissnäherei-Vitrine mit Arbeitsgeräten und -hilfen
Weissnäherei-Vitrine mit Arbeitsgeräten und -hilfen
Besondere Weissnäherei-Produkte
Besondere Weissnäherei-Produkte
Besonders schöne Weissnäherei-Decken und -Kissen
Besonders schöne Decken und Kissen
"Gute Stube"-Ecke mit Weissnäherei-Tischdecke, Spannrahmen für Näharbeiten, Gusseiserner Herdofen
„Gute Stube“-Ecke mit Weissnäherei-Tischdecke, Spannrahmen für Näharbeiten, Gusseiserner Herdofen
Museumswaschküche: Waschzuber mit Waschbrett, Bügeltisch und in der Vitrine diverse Bügeleisen, eine Mangel, eine Waschschüssel und einen Klammerbeutel
Das Waschen und Glätten der Leinen- oder Baumwollwäsche gehörte zum Alltag. Hier sehen Sie die Museumswaschküche: Waschzuber mit Waschbrett, Bügeltisch und in der Vitrine diverse Bügeleisen, eine Mangel, eine Waschschüssel und einen Klammerbeutel. An der Wäscheleine trocknen Unterhosen.
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